Der WACC und sein Einfluss auf die Unternehmensbewertung

Der WACC und sein Einfluss auf die Unternehmensbewertung

April 20, 2024
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Guglielmo Balzola

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Unternehmensbewertung und das DCF-Verfahren

Was ein Unternehmen wert ist, bestimmt sich letztlich nach den zukünftigen Rückflüssen, die ein Investor daraus erwarten darf. Dieser Grundgedanke liegt im Prinzip auch dem Ertragswertverfahren, einem klassischen Verfahren der Unternehmensbewertung, zugrunde. Dabei werden die zukünftigen Gewinne auf ihren Gegenwartswert abgezinst und bestimmen damit den Unternehmenswert. In den letzten Jahren wird das Ertragswertverfahren zunehmend durch das Discounted Cash Flow-Verfahren (kurz: DCF-Verfahren) abgelöst. Dabei erfolgt die Abzinsung u.a. auf Basis der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten oder WACC (= Weighted Average Cost of Capital).

WACC-Verfahren

Die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC) werden einerseits im Rahmen des DCF-Verfahrens als Ansatz zur Unternehmensbewertung genutzt, andererseits helfen sie bei der Bestimmung der Mindestrendite von Investitionsprojekten. Bei der Unternehmensbewertung findet das WACC-Verfahren Anwendung, da der Wert des Unternehmens durch Abzinsung bestimmt wird. Der Kapitalkostensatz wird hierbei auf Basis des Eigen- und Fremdkapitals nach seinem Verhältnis zum Gesamtkapital ermittelt.

Das DCF-Verfahren im Vergleich zum Ertragswertverfahren

Während beim Ertragswertverfahren von den künftigen Gewinnen ausgegangen wird, werden beim DCF-Verfahren die künftigen Zahlungsüberschüsse aus der Unternehmenstätigkeit zugrunde gelegt. Beide Größen sind nicht notwendigerweise deckungsgleich. Aus investitionstheoretischer Sicht ist die zahlungsbasierte Betrachtungsweise das exaktere Verfahren.

Das DCF-Verfahren ist vor allem im angloamerikanischen Raum etabliert, während das Ertragswertverfahren eine deutsche Eigenart darstellt. Angesichts der Internationalisierung von Unternehmenstransaktionen setzt sich das DCF-Verfahren jedoch auch in Deutschland immer stärker durch. Mittlerweile ist neben dem Ertragswertverfahren auch das DCF-Verfahren vom renommierten Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) im Rahmen des IDW Standard S1 als gleichberechtigte Bewertungsmethode anerkannt. Diese Aufnahme ist de facto “die Lizenz” zur Anwendung in Deutschland.

Der Free Cash Flow als Grundlage der Bewertung

Grundlage für die Unternehmensbewertung beim DCF-Verfahren sind sogenannte freie Zahlungsströme (engl. Free Cash Flow, kurz FCF). Dabei handelt es sich um die periodischen Zahlungsüberschüsse, die nach Investitionen aus der operativen Unternehmenstätigkeit verbleiben und theoretisch für Ausschüttungen an Eigentümer sowie Zinsen an Kreditgeber zur Verfügung stehen. Der Free Cash Flow kann – anders als der Gewinn – durch bilanzpolitische Maßnahmen nur relativ schwer beeinflusst werden und ist insofern eine “objektive” Größe.

Es gibt grundsätzlich zwei Methoden, um beim DCF-Verfahren zum Unternehmenswert zu gelangen: die Bruttokapitalisierung (Entity-Methode) und die Nettokapitalisierung (Equity-Methode). Der WACC spielt nur bei der Bruttokapitalisierung eine Rolle, weshalb im Folgenden darauf Bezug genommen wird. Dabei wird in zwei Schritten vorgegangen: zunächst wird der gesamte Unternehmenswert durch Abzinsung und Summierung der erwarteten Free Cash Flows bestimmt. Im zweiten Schritt wird der Marktwert des Eigenkapitals – der eigentliche Unternehmenswert – ermittelt, indem der Marktwert des Fremdkapitals vom errechneten Unternehmens-Gesamtwert abgezogen wird.

Der WACC und der “richtige” Zinssatz

Neben der möglichst exakten Bestimmung des Free Cash Flow kommt beim DCF-Verfahren der Anwendung des “richtigen” Zinssatzes für die Diskontierung eine entscheidende Bedeutung zu. Dafür gibt es verschiedene Ansätze, der WACC-Ansatz wird in der Praxis besonders häufig genutzt. Beim WACC handelt es sich um die durchschnittlichen Kapitalkosten, die entsprechend den Anteilen von Eigenkapital und Fremdkapital am Gesamtkapital des Unternehmens ermittelt werden. Insofern handelt es sich um einen gewogenen Durchschnitt. Die Formel lautet vereinfacht so:

WACC-Kostensatz = (Eigenkapitalquote x Eigenkapitalkostensatz) + (Fremdkapitalquote x Fremdkapitalkostensatz).

Ermittlung der Fremdkapitalkosten

Die Kosten des Fremdkapitals lassen sich mithilfe des Zinssatzes, den das zu bewertende Unternehmen an Fremdkapitalgeber zahlen muss, berechnen. Dazu gilt es auch den sogenannten Tax Shield (deutsch: Steuerschild) zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich um die Steuerersparnis aus der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen. Die Ermittlung der Fremdkapitalkosten erfolgt dementsprechend durch die folgende Rechnung:

Zinssatz des Fremdkapitals x Tax Shield = Zinssatz zur Berechnung der Fremdkapitalkosten.

Häufig wird bei der Berechnung der Fremdkapitalkosten aber auch auf empirische Werte in Form der tatsächlich zu zahlenden Zinsen zurückgegriffen.

Ermittlung der Eigenkapitalkosten

Während für die Fremdkapitalkosten meist empirische Werte vorliegen, gestaltet sich die Ermittlung der Eigenkapitalkosten schwieriger. Denn hier gibt es keine fixen Zahlungsverpflichtungen. Theoretisch entsprechen die Eigenkapitalkosten dem Zinssatz für risikofreie Anlagen zzgl. einer marktkonformen Risikoprämie für das unternehmensspezifische Risiko.

Für die Bewertung ist in der modernen Finanztheorie das sogenannte CAPM (= Capital Asset Pricing Model) entwickelt worden. Zur Berechnung wird hier der Beta-Faktor von vergleichbaren börsennotierten Unternehmen herangezogen, welcher das Risiko eines Investments in eine Aktie im Vergleich zum gesamten Markt angibt. Die Formel sieht somit wie folgt aus:

Risikofreier Zinssatz + (Beta-Faktor x marktkonforme Risikoprämie) = Zinssatz zur Berechnung der Eigenkapitalkosten.

Da das CAPM aber praktisch hauptsächlich auf börsennotierte Unternehmen anwendbar ist, ist man bei anderen Unternehmen bei der Ermittlung der Eigenkapitalkosten auf andere Schätzungen angewiesen.

Der Einfluss von Steuern

Die oben dargestellte Formel gilt “vor Steuern”. Das bedeutet, dass Steuern nicht berücksichtigt werden. Tatsächlich spielen Steuern aber bei der Unternehmensbewertung eine Rolle, denn Zahlungsüberschüsse werden je nach Verwendung steuerlich unterschiedlich behandelt. Zinsen auf Fremdkapital sind beispielsweise steuerlich abzugsfähig (sog. Tax Shield). Überschüsse, über die Eigentümer entscheiden, dagegen nicht. Bei einer Thesaurierung, das bedeutet einer Einbehaltung der Unternehmensgewinne, werden sie auf der Ebene des Unternehmens besteuert, bei Ausschüttung hingegen auf der Ebene der Eigentümer. Wenn mit einem WACC-Kostensatz “nach Steuern” gerechnet wird, geschieht das üblicherweise durch einen um die “Steuerabzugsquote” verminderten Fremdkapitalkostensatz.

Fazit

Die Unternehmensbewertung ist ein entscheidender, erster Schritt, wenn man darüber nachdenkt, sein Unternehmen zu veräußern und viele weitere Prozesse im Verlauf des Verkaufsprozesses hängen damit zusammen. Daher sollte jeder Verkäufer ein gewisses Grundverständnis zur Thematik besitzen und neben den wichtigsten Bewertungsmethoden auch die damit verbundenen Zinskonzepte kennen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Unternehmenswert im Grunde auf Rückflüsse, die Investoren erwarten dürfen, zurückführen lässt. Dafür werden künftige Zahlungsströme auf ihren heutigen Wert abgezinst. Die Abzinsung hat dabei einen enormen Einfluss auf den Unternehmenswert. Hohe Zinsen wirken wertsenkend, während niedrige Zinsen den Unternehmenswert positiv beeinflussen. Genau aus diesem Grund sollten einem Verkäufer wichtige Zinskonzepte bekannt sein.

Dementsprechend liegt in diesem Artikel der Fokus auf dem WACC-Ansatz, denn dessen Bedeutung steigt durch die zunehmende Anwendung des DCF-Verfahrens. Zum besseren Verständnis wurde daher das DCF-Verfahren mit dem klassischen Ertragswertverfahren verglichen und in dem Zusammenhang die Grundlage der Bewertung, der Free Cash Flow, beschrieben. Außerdem wurde die Formel zur Berechnung des WACC-Kostensatzes anhand ihrer einzelnen Komponenten hergeleitet. Abschließend wurde zudem auf den Einfluss von Steuern bei der Unternehmensbewertung eingegangen und erklärt, wann diese berücksichtigt werden.


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Elisabeth Schibler

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